Montag, 16. Februar 2015

[ #schule ] Warum handelt Vorarlberg gegenüber seinen Kindern menschenrechtswidrig?

Vorarlberg macht aus Kindern "Behinderte"!

Die Umsetzung der Bestimmungen der UN-Konvention für Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) erfordert eine Umwandlung der Sonderschulen in inklusive Schulen für alle Kinder. Der Erhalt von Sonderschulen parallel zu Regelschulen hält nicht nur Menschen mit Beeinträchtigungen auf einem lebenslangen Sonderweg am Rande der Gesellschaft, sondern ist auch kostspielig. Die Experten wissen aus Studien, dass die inklusive Schulbildung mehr Ressourcen einspart als sie Kosten verursacht.

Sprache als Behinderung. Vorarlberg ist kein guter Boden für Kinder. Allzugerne schickt man sie hier in die Sonderschulen. Im Schuljahr 2012/13 waren das 1045 Kinder, denen man die Inklusion verweigert hat. Im Jahr davor waren es gar noch 103 mehr Kinder, die man von ihren Altersgenossen wie Aussätzige separiert hatte.

Nicht selten tut man das auch mit Kindern deren einzige "Behinderung" ist, dass ihre Eltern nicht Deutsch sprechen. Der Anteil der Kinder mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft ist mit 20 Prozent der höchste unter allen Vorarlberger Schulformen, 34 Prozent haben nicht Deutsch als Muttersprache!

Leider nur in Anderswo. In den Bundesländern mit einer niedrigen Sonderschulrate werden die Kinder im inklusiven Unterricht gefördert. Welche dramtische Auswirkungen  die Sonderschulphilie der Politik in Vorarlberg hat, zeigt sich daran, dass Vorarlberg im Polytechnischen Lehrgang nur mehr 1,4 % der Kinder (Österreich 5,5 %, in Kärnten hingegen 23,7 %) eine sonderpädagogische Förderung zukommen lässt. Das heißt, die Kinder werden nicht nur nicht gefördert, sondern vom zukünftigen Berufsleben ausgeschlossen. Sie wandern sofort mit dem Schulende in eine "Tagesstruktur", ohne eigenes Einkommen, ohne sozialrechtliche Absicherung. Wie "zufällig" die Entscheidung der Vorarlberger Schulverwaltung für die Sonderschule ist zeigt, dass von 1045 Kindern in den Vorarlberger Sonderschulen fast 65 Prozent Knaben sind. Das ist nicht rational erklärbar, außer ...

So schaut's aus: In Österreich gehen im Durchschnitt 2,42 % der schulpflichtigen Kinder in eine Sonderschule. Das ist immer noch viel zu hoch! In Vorarlberg sind es aber gar 3,31 Prozent! Heuer! Das Jahr davor waren wir noch "Spitze"!
  • Burgenland  2,06 % 
  • Kärtnen 1,05 %
  • Niederösterreich 3,55 %
  • Oberösterreich 1,36 %
  • Salzburg 3,63 %
  • Steiermark 0,89 %
  • Tirol 2,66 %
  • Vorarlberg 3,31 %
  • Wien 2,97 %
Menschenrechtsexpertin Marianne Schulze im Standard: 
... Inklusion ist eine Methodik, die alle Bedürfnisse von allen Kindern abholt. Dies zu reduzieren auf Behinderung ja oder nein, ist zu kurz gegriffen. Es geht um einen Nichtdiskriminierungsansatz. Es geht um die sozioökonomische Diskriminierung, die im Bildungswesen weit verbreitet ist, genauso wie um die sprachliche Diskriminierung - nicht Deutsch als Muttersprache -, genauso wie eben um die Frage, ob ich eine temporäre oder langfristige Beeinträchtigung habe ... 
... Es zeigt sich deutlich, dass Kinder, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, sehr oft in der Sonderschule sitzen. Da gibt es momentan einen ganz dramatischen Trend. Im jetzigen Regelschulsystem landen auch sozial schwierige Kinder leichter in der Sonderschule als andere ...  
... Es gibt eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit, direkt in eine sogenannte Tagesstruktur zu kommen. Man ist nicht sozialversichert, geht einer Beschäftigung nach, für die es eine Art Taschengeld gibt. Dass diese Kinder keinen Job bekommen, hat auch damit zu tun, dass Arbeitgeber in der eigenen Biografie keine solche Auseinandersetzung hatten. Breche ich das, gibt es andere Erfahrungen, ein anderes Selbstverständnis im Miteinander ...
Wir müssen uns für unsere Kinder engagieren! Bis 2020 sollen die Sonderschulen wegen der Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention abgeschafft sein. Warum tun wir das ohne Not noch weiteren 5.000 Kindern bis dorthin an? Gibt es da kein Licht im Dunkeln? Dieselbe Frage stellt sich übrigens auch hinsichtlich der Vorschulklassen. Auch diese sind Inklusionsverweigerung.

Schäbig. Für eine besonder schäbige Form der Inklusionsverweigerung halte ich die Übergangsklassen.Sie wird als besonders erfolgreich verkauft. Eine reale Statistik, welche den Schulverlauf dokumentiert, würde etwas anderes zutage bringen. Sie sind ein einziges Behinderungsinstitut. Übergangsklassen gibt es in Bludenz, Götzis, Hohenems und Vandans. Es gibt keine in Feldkirch und Bregenz oder im Bregenzerwald. Sind diese deshalb benachteiligt?

Die Dornbirner Schüler, etwa aus Haselstauden haben eine Halbtagesreise zu ihrer Schule in Hohenems im Herrenried anzutreten. Wie "behinderte Kinder" und deren Eltern das bewältigen sollen und wie da die Kinder etwas anderes lernen sollen als den Landbusfahrplan, ist mir ein Rätsel. Wie auch?  Da werden die Kinder um ihre Freunde beraubt und um ihre Zukunft und Kinderfreizeit. Das Märchen, dass sie dann in der "Neuen Mittelschule" bestehen könnten, ist wohl ein Märchen. Ihnen ist ein ganzes Schuljahr gestohlen worden und zudem werden sie mit dem Stigma des Sonderschülers versehen. Sie finden da keinen Weg hinaus. Und warum werden die Kinder von Dornbirn aufwärts damit "beglückt" und nicht das ganze Land?

Die Täuschung. Die Eltern müssen einer solchen Maßnahme zustimmen. Den Kindern die hier aufgewachsen sind, unterstellt man eine Behinderung, weil sie angeblich zu wenig Deutsch können. Den Eltern, die wahrscheinlich viel weniger Deutsch können,  nimmt man eine schriftliche Zustimmung dafür ab, wiewohl sie nicht wissen können, was sie da unterschreiben. Ein Fall für die Kinder- und Jugendanwaltschaft?

Aber das ist wieder eine andere Geschichte ...


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