Mittwoch, 22. Oktober 2014

[ #kinder ] Patriotische Äpfel gegen Putin?

Mit "Esst mehr Äpfel", ruft Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) zum patriotischen Apfelverzehr auf. Angeblich habe Russland aufgrund der Einfuhrverbote nach den EU-Sanktionen 500 Tonnen österreichischer Äpfel zurückgesandt oder abbestellt. Das ist die eine Geschichte.

Säumiges Schulobstprogramm. Die andere Geschichte ist die: Es gibt ein Schulobstprogramm der EU. Das ist ein mit Gemeinschaftsbeihilfe kofinanziertes Programm, das zu je 50 Prozent von EU-Mitteln und nationalen Mitteln unterstützt wird. Zweck dieser Maßnahme ist es, den geringen Obst- und Gemüseverzehr von Kindern in der Phase in der ihre Essgewohnheiten geprägt werden, nachhaltig zu erhöhen. Den Kindern soll vermittelt werden, dass Obst und Gemüse reich an lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen ist, und somit der Konsum eine positive Wirkung auf ihre Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden hat. Das Schulobstprogramm wird an Volksschulen durchgeführt. Für das Schulobstprogramm 2012/13  - für die Durchführung ist der oben erwähnte Landwirtschaftsminister zuständig - wurden 1.000.000 Euro zur von der EU zur Verfügung gestellt. Eine weitere Million sollten aus "nationalen Mitteln" aufgebracht werden. Dies sind aber keine Förderungen sondern  950.000 Euro sollten praktisch Eltern und Kindern abkassiert werden.

Fakt ist, dass von 1 Million Euro der EU nur 585.000 Euro verbraucht wurden, der also über 400.000 Euro wurden in Brüssel liegen gelassen statt den Schulkindern zur Verfügung gestellt. Und von der österreichischen Million wurden aus Bundes- und Landesmitteln lächerliche 52.000 Euro beigesteuert. Immerhin wurden aber so 390 Tonnen Obst und Gemüse an die Kinder verkauft, nicht verschenkt! Wenn man bedenkt, dass ein Kilo österreichischer Apfel im Export um die 30 Cent bringt, dann könnte man allein mit den nicht verbrauchten EU-Mitteln des Schulobstprogramms 1.300 Tonnen Äpfel sozusagen "gegen Putin" verspeisen.

Obwohl Österreich die EU-Mittel für die Schulapfelaktion nie ausgeschöpft hat, wurden sie für das Schuljahr 2014/15 neuerlich auf 1, 8 Millionen Euro erhöht. Ja die EU hat sogar die nationalen Beiträge auf 25 Prozent gesenkt!

Alle österreichischen Schulen können am Programm teilnehmen und eine 75% Beihilfe aus EU-Mitteln erhalten. Die restlichen 25% müssen durch andere Träger wie Elternvereine, Gemeinden oder aus privaten Mitteln übernommen werden. 

20 Jahre ausverkauft. Mit ein bisschen guten Willen des verantwortlichen Landwirtschaftsministers und mit ein bisschen mehr Engagement für die Schulkinder bei Ländern und Kommunen könnten heuer nicht nur die Apfelbauern sondern vor allem die Kinder gesund ernährt werden. Und auch wenn es so wohl ein bisschen eine Milchmädchenrechnung ist aber bildhaft bleibt sie: Mit 1,8 Millionen Euro EU-Geldern und 25 Prozent "nationaler Mittel" könnte man 8000 Tonnen Äpfel aus dem Export nach Russland für unsere Kinder einkaufen. Das entspricht mehr als der Vorarlberger Apfelernte für 20 Jahre!

Leider nur in Anderswo. In Deutschland sind die Länder für die Durchführung des Programms zuständig und wurden eigene Gesetze für das Schulobstprogramm geschaffen. Deutschland erhält für sein Schulobstprogramm 23 Millionen aus dem EU-Agrartopf. Deutschland hat 10 mal mehr Einwohner als Österreich beansprucht aber für seine Kinder rund ein Drittel mehr EU-Mittel. Bayern stellt beispielsweise denselben Betrag den die EU für die bayrischen Schüler leistet aus Landesmitteln zur Verfügung. Insgesamt werden dort 6 Millionen Euro für das Schulobst durch die EU und den Freistaat bereitgestellt. Darüberhinaus wird dort das Schulobstprogramm an allen Grundschulen verpflichtend pädagogisch betreut.


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