Samstag, 10. Februar 2018

[ #teamwork ] Soziales Faulenzen: Ringelmann-Effekt senkt Gruppenleistung


Das Phänomen des sozialen Faulenzens (Social Loafing) wurde erstmals 1882 vom französischen Agrar-Ingenieur Maximilien Ringelmann (1861–1931) beschrieben: Menschen strengen sich zumeist weniger an, wenn ihre Leistung Teil einer Gruppenleistung ist, als wenn sie alleinverantwortlich für ihre Leistung sind, vor allem wenn sie sich in der Anonymität der Gruppe "verstecken" können.

Ringelmann-Effekt versus Social-Facilitation-Theorie. Als Ringelmann-Effekt bezeichnet man die Tatsache, dass Menschen in der Gruppe eine geringere kollektive physische Leistung erbringen, als aufgrund der summierten Einzelleistungen zu erwarten wäre. Obwohl der Ringelmann-Effekt nicht identisch mit "Sozialem Faulenzen" – beide Begriffe bedeuten einen Motivationsverlust in Gruppen und einen daraus bedingten Leistungsabfall, ist der Ringelmann-Effekt eine Art Oberbegriff, dem der Leistungsabfall in Gruppen subsumiert werden kann, denn bei dem von Ringelmann beschriebenen Phänomen bleibt offen, ob der Leistungsverlust motivations- oder nur koordinationsbedingt ist. Letzteres Problem wäre ja mit organisatorischen oder bildnerischen Maßnahmen behebbar. Eine andere alternative Theorie zum sozialen Faulenzen ist die die Social-Facilitation-Theorie: Wird die Leistung des Einzelnen sichtbar, führt die resultierende Aufregung zu einem Leistungsabfall bei schwierigen Aufgaben und zu einer Leistungssteigerung bei einfachen Aufgaben.

Seitdem wurde dieser "Ringelmann-Effekt" auch im Sport vielfach beschrieben. Dr. Jeannine Ohlert vom Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule konnte in ihrer Doktorarbeit nachweisen, dass selbst dann, wenn man sich allein auf eine Gruppentätigkeit vorbereitet, soziales Faulenzen auftritt. In ihrem Experiment, welches sie am Psychologischen Institut der Universität Mainz durchführte, bereiteten sich Probanden dann weniger gut auf ein Tauziehen vor, wenn ein Wettkampf in einer Mannschaft angekündigt wurde, und besser, wenn das Tauziehen in einer Einzelbedingung stattfinden sollte. Die Forscherin Dr. Jeannine Ohlert vom Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln - sie erhielt dafür den renommierten "Karl-Feige-Preis" der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie - nennt dieses Phänomen preparation-loafing oder kurz "Pre-Loafing", in der englischen Literatur auch "Social Loafing".

Pre-Loafing. Pre-Loafing findet jedoch vermutlich nicht nur im Sport statt. Auch in der Schule, im Studium, im Beruf, in der Verwaltung und wohl auch in der Politik, in Parteien und Strukturen der Zivilgesellschaft bereiten sich einzelne Menschen häufig auf eine Leistung in Gruppen vor. Der Effekt, dass sich Personen in Gruppenarbeiten z.B. im Brainstorming weniger anstrengen als wenn sie allein arbeiten, ist empirisch gut belegt. Wahrscheinlich ist die geteilte Verantwortung mit Schuld an diesem "sozialen Müßiggang".

Hängematte. Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich entspannt zurück lehnt und andere den Job machen lässt, steigt bei der Bearbeitung von uninteressanten Aufgaben. Hat man jedoch das Gefühl ein wichtiges Rädchen im Getriebe zu sein, bemüht man sich messbar mehr. Schätzt man allerdings den Einfluss auf das Gruppenergebnis als gering ein und wenn man weiss, dass man beim Faulenzen unbeobachtet bleibt, dann ist die Versuchung zum "die Seele baumeln lassen" allemal groß. Aber auch Illusionen über die Gruppenleistung können zum Entspannen statt Mitwirken führen, dann besonders, wenn man die eigene Arbeitsgruppe für sehr produktiv hält - was ja nicht selten auch eine Fata Morgana ist. Nicht zuletzt muss die Identifikation mit der Gruppe stimmen, sonst winkt die Hängematte.

Teambildung. Professor Jens Kleinert, mit dem Dr. Jeannine Ohlert diese Phänomene stärker hinterfragt, beschreibt diesen Transfer-Effekt: "Es ist davon auszugehen, dass das pre-loafing auch im Beruf stattfindet. Sportlicher Wettkampf und berufliche Leistungssituationen ähneln sich vom Prinzip sehr stark." In den nächsten Jahren wollen Ohlert und Kleinert näher hinterfragen, welche Umstände zum sozialen Faulenzen führen, und ab wann Leistung in einer Gruppe zum Gegenteil, also zur höheren Motivation führt. Hierfür entwickelt die Kölner Arbeitsgruppe derzeit neuartige Testverfahren und Experimente. Die Ergebnisse sollen unter anderem für die Weiterentwicklung von Motivationsmaßnahmen in Gruppen, zum Beispiel im Teambuilding, genutzt werden.


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