Hintergrund. Hochriskante Spekulationen der Finanzdienstleistungsbranche trugen zum Auftreten der Finanzkrise bei, deren Folgen bis heute die Weltwirtschaft belasten. Vor diesem Hintergrund haben die Neuro-Wissenschaftler unter Leitung von Johannes Hewig 2010 mit den Arbeiten an einer nun veröffentlichten Studie begonnen. "Aus Sicht der Psychologie ist es natürlich ungemein spannend, sich der Frage zu stellen, inwieweit Gier als Persönlichkeitsmerkmal riskantes Verhalten vorhersagen kann, und wie sich solche Zusammenhänge erklären lassen", sagt Professor Hewig von der Universität Würzburg.
Die Wissenschaftler belegten einen Zusammenhang von Gier mit hohem risikoverhalten und stellten gleichzeitig fest, dass gierige Menschen aus den Fehlern ihres Verhaltens nicht lernen, denn Gierige Versuchspersonen zeigten nahezu die gleiche Hirnaktivität, unabhängig von Erfolg oder Nicht-Erfolg. Im EEG, wurde bei den "normalen" Versuchspersonen eine "feedbackbezogene Negativierung" festgestellt. Diese zeigt an, ob ein Ereignis besser oder schlechter war als erwartet. Bei den Gierkandidaten fehlte diese Reaktion.
Risk-shift. Die Befunde der Forscher legen nahe, dass riskantes Verhalten in verschiedenen Kontexten durch Gier als Persönlichkeitsmerkmal beeinflusst ist. Dabei ist dieser Effekt besonders stark, wenn Gier zuvor aktiviert wurde, etwa durch hohe Boni. Diese scheinen wie auch andere risikoforcierende Teile einer Unternehmens(un)kultur schädlich und für die Gemeinschaft und insgesamt riskant zu sein.
Als nächstes planen die Würzburger Wissenschaftler die Übertragung ihrer Befunde auf andere Zielgruppen, wie beispielsweise Investmentbanker. Darüber hinaus arbeiten die Psychologen an der Frage, aus welchen Facetten sich Gier zusammensetzt und durch welche Faktoren der Einfluss von Gier auf das Verhalten moderiert wird.
Lerndefekt. Wenn aber Gier nicht verlernt werden kann, wenn bei den Gierigen einfach die Ganglien versagen, dann nützen alle schönen Appelle und auch die Versprechungen nichts. Dann muss man der Gier und dem besonders riskanten wie gefährdeten Personenkreis gesetzliche Grenzen setzen. Ein Einschränkung der Boni und eine gerechte und progressive Besteuerung wären erste Ansatzpunkt. Langfristig braucht es aber eine Unternehmenskultur, die nicht auf Gier als Treibmittel setzt, sondern auf eine demokratische Mitarbeiterkultur, die da heißt Mitbestimmung.
Dass diese Gier nicht auf Manager beschränkt ist, dass sie auch Politiker erfasst, das wissen wir hier in Österreich nur zu gut. Und da gibt es eine klare Medizin: Die Mitbestimmung der Bürger ist zu stärken, die Demokratie auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen, mehr und direktere Demokratie zu ermöglichen.
Aber das ist wieder eine andere Frage.
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- Mussel, P., Reiter, A, M. F., Osinsky, R. & Hewig, J. (2014). State- and trait-greed, its impact on risky decision-making and underlying neural mechanisms. Social Neuroscience, 10. doi: 10.1080/17470919.2014.965340.
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- 31.8.17 [Letzte Aktualisierung, online seit 3.11.14]
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